1831 – 1912
XXXI.
Du strahlender Morgenstern!
(St. Ephrem.)
Von hohen Himmelsauen seh’ ich
stürzen
Den stolzen Träger
nachtgeword’nen Lichtes,
Ihn, Lucifer – entsetzlichen
Gerichtes.
Hei, wie sie ihm den
Vampirflügel kürzen,
Die Höllenflammen! Ha, wie sie
ihm würzen,
Dem frechen Haupt des
höllischen Gezüchtes,
Den Taumelbecher! Bleiernen
Gewichtes
Die Abgrundketten jach ihn
überstürzen. –
Da taucht vom grünen
Erdenhorizonte
Ein andrer Stern auf, reinern,
lichtern Glanzes.
Viel höher steigt er, als der
erste thronte.
Welch Aug’ erträgt das Licht
des Strahlenkranzes,
Der ihn verklärt? – Der Morgen
tagt; die Sonne
Blitzt auf: der Stern
zerfleußt in sie vor Wonne.
XXXII.
Du Paradies der Wonne und
Unsterblichkeit!
(St. Ephrem.)
Schön war des ersten Edens
holder Garten,
So lang ihn noch die
Trugesschlangen mieden,
So lang der Unschuld Lilien in
ihm blühten,
Und Friedensengel seine Pforten
wahrten.
Doch weh! die Engel wichen,
und die zarten,
Die lautern Lilien welkten.
Nicht beschieden
War jener Stätte ew’ger
Wonnefrieden.
Ach, Noth und Tod, sie
stürmten ein, die harten! –
Da baute sich die Lieb’ ein
zweites Eden
So unverletzbar rein und hold
und herrlich,
Daß nimmer Stürme seinen Flor
verwehten,
Daß keine Schlange dort mehr
wird gefährlich.
Prangt doch des Lebens Baum im
reichbesäten
Nächst dem des Wissens ewig
unversehrlich.
XXXIII.
Du zweiter Himmel!
(St. Chrysost.)
Wohl sprichst du recht, o
Hiob, frommer Heide!
Daß selbst die Himmel nicht
ganz rein sich zeigen
Vor Dessen Augen, Dem sich
Berge neigen,
Der an sich selbst nur volle
Augenweide
Genießen kann. Denn, ach, zum
tiefsten Leide
Der ew’gen Liebe wagen
wegzusteigen
Zum Abgrund – Rotten, die den
Höllenreigen,
Den schwarzen, dort eröffnen;
die, dem Eide
Der ew’gen Treue treulos, Den
verfluchen,
Der sie in’s Sein rief! –
Sieh, da schafft der Meister
Des Sternenalls in’s weite
Lichtgewimmel
Sich einen wundersamen zweiten
Himmel,
Wo nie ein Engel sinkt im Meer
der Geister,
Nie’s einer wagt, zum Abfall
zu versuchen.
XXXIV.
Du jungfräuliche Erde, vom
Fluche unberührt!
(St. Andreas.)
Als Gott der Erde fluchte,
hielt die Rechte
Mild segnend Er auf ein Geländ
gebreitet,
Das Er zu hohem Zwecke sich
bereitet:
Das nie entweihen sollten
finst’re Mächte.
Und ob auch jener Zornflut
Schreckensnächte
Den Erdball in ein Bußgewand
gekleidet:
O staunet, wie die Woge
rückwärts schreitet
Vor jenem Gnadenteil im
Sündgeschlechte!
Nichts Totes durfte je dies
Heilsgelände,
Beflecktes nichts das reine je
berühren.
behütet haben es der Engel
Hände,
Es treu geschützt vor
wildunreinen Tieren.
Bot es doch ja die holde
Blumenspende,
Des Retters Heilsgewand
lichtrein zu zieren.
XXXV.
Du Balsam des süßesten
Wohlgeruches!
(St. Bernhard.)
Verschleuß nur, Pascha, deine
Nardenspende!
Verbirg dein Mekkaharz in
Zedernschreine!
Verwahr’s in Gold, in klare
Edelsteine,
Damit nicht nahen ihm vermess’ne
Hände!
Du weißt, wie rasch der süße
Duft ja schwände,
Zerbräche das Gefäß, das
reiche, kleine.
Und solch ein Öl, das
wunderlich feine,
Vergösse nur wer seinen Wert
nicht kannte. –
Doch sieh’, der Balsam
himmlisch holder Süße,
Den ich dir nenne, haucht
(sagt man) die Düfte
Nur stärker aus, je weiter er
zerfließe.
Schon füllt mit Ambra er die
fernsten Lüste.
Und wenn man ihm die rechte
Strömung ließe:
Er dränge selbst belebend in
die Grüfte.
XXXVI.
Du immergrünender Weinstock!
(St. Gregor. Thaumat.)
Beseligt trank ich wiederum
auch heute
Der Liebe Nektarwein dort am
Altare.
Wie mundet, ach, so süß der
himmlisch klare!
Wie schwimmt in Ihm das Herz
im Meer der Freude!
Wie schwelgt es wonnig,
spottend allem Leide,
In Ihm, der zählet jedes uns’rer
Haare,
Der von der Wieg’ uns schützet
bis zur Bahre,
Uns schmücket mit purpurnem
Hochzeitskleide!
Führwahr, ein solcher Trank:
nicht von gemeiner,
Von niedrig schlichter Rebe
mag Er stammen;
Nur aus der immergrünen kann
Er fließen,
Die nicht in Gluten dorret; die
in reiner,
In ew’ger Frische blüht, und
dennoch Flammen
Im Safte nährt, die bis zum
Äther schießen.
XXXVII.
Du keuscheste Turteltaube!
(St. Epiphanius.)
Manch Täubchen ward in
blendend weißer Schöne
Nach Salem einst zum Tempel
hin getragen;
Und manches wunderliebe hört’
ich klagen
Mit zärtlich süßem, lauterm
Lockgetöne.
Und ach, in wehmutvollem
Schmachtgestöhne
Sah manches ich die reinen
Lüfte schlagen
Mit müdem Fittig – letztmals sich
noch wagen
Aus kühler Kluft hinaus zum
heißen Föhne. –
Doch nein, so rein, so keusch,
so lieblich milde,
So schneeig weiß, so
schüchtern; doch so traulich;
So ganz geformt nur nach dem
Himmelsbilde
Der Gottestaub’ am Jarden; so
beschaulich,
Wie die von Nazareth einst
aufgeschwebet:
So keine mehr den Fuß zum
Himmel hebet.
XXXVIII.
Du Gefäß der Auserwählung!
(St. Cyprian.)
Aus Tausenden ward einstens
auserwählet –
Den Tempelschmuck mit
kunstgewandten Händen
Gar zierlich schön und
glanzvoll zu vollenden –
Beseelet, den Gottes Geist
beseelet,
Zu formen Alles, was zum Edlem
zählet:
Den Marmor hier zum
Prachtschmuck an den Wänden;
Dort Elfenbein und Gold, den
Blick zu blenden,
Falls er sich erfurchtlos im
Schau’n verfehlet. –
Und wenn dann Strahlen sprühte
jene Vase,
Die dort das Manna barg in
heil’gen Zelten:
Aus welchem Stoffe wähnt ihr
wohl bereitet
Die Herrliche, die einstens
Ihn umkleidet,
Der Himmelsbrod sich nennt und
Herrn der Welten? - :
Traun! nur von Demant stammt
sie, nicht von Glase. –
XXXIX.
Du glückselige Brücke zu Gott!
(St. Alphons Lig.)
Da Sündefluch der Erde heit’re
Triste
Zu Wüsteneien umschuf, grüne
Auen
Zur dornbesäten Öde einst, zur
rauhen;
Ein zottig Fell sich schlang
um Adams Hüfte;
Und Rachegeister rasten durch
die Lüfte:
Da gähnte eine tiefe Kluft vom
blauen,
Lichtklaren Äther bis zur
Erde. Grauen
Ergriff die Engel ob dem
Sündengifte,
Das aus der Erde quoll, die
Kluft zu füllen.
Doch weh! sie gähnte tiefer
nur und greller. –
Da barg die Liebe sich in
Staubeshüllen,
Beschloß zum dunklen Stern
herabzusteigen.
Auf welcher Brücke wohl?: Seht
hell und heller
Strahlt sie, sie gold’ne, der
die Sonnen weichen! -
XL .
Du himmlische Perle.
(St. Method.)
Des Himmels Kaufherr, Dem millionen
Sterne
Um Liebe feil sind: einst gab
Er die Schätze
Der Wonnen alle weg und wob
sich Netze
Ein Perlchen hold zu sah’n in
weiter Ferne.
Im tiefen Weltenmeer, da, wo
so gerne
Er weilt – am Erdriff, spähend,
wie er netze
den Fuß mit Blut, wie Er die
Hand sich letze
Mit Blut, daß Er dies Perlchen
haschen lerne.
Und sieh’, schon hat Er
tausende gefangen
Von Himmelsperlen, seine Stirn
zu zieren. –
Doch keine stillte ganz sein
Glutverlangen
Nach höchster Klarheit Glanz,
wie jene ächte,
Die in der Demut Meergrund
barg den ihren,
Den Himmelsglanz, trotz wilder
Sturmesmächte.